Wer läuft denn da durch Nacht und Wind?

Da ich es nun geschafft habe, 5 km (mit Gehpause) durchzulaufen, habe ich mich im Überschwang der Gefühle für den Vienna Night Run angemeldet. Für Nicht-Wiener: Der Lauf startet beim Rathausplatz und geht 5km entlang der Ringstrasse. Ein Teil des Startgeldes geht an die Aktio „Licht für die Welt“.

Ehrlich gesagt, bin ich etwas erschrocken über meine Courage. Man sollte sich nicht direkt nach dem Laufen an den Laptop setzen, offenbar wirken die Endorphine noch nach. Ich hoffe mal, dass ich in der Menge der Läufer mitschwimmen kann. Gottseidank war ich aber realistisch genug, mich für das schlechteste Starterfeld zu melden.

Ertaunlich, mit wieveiel Technik man sich als Läufer auseinandersetzen muss. Offenbar gibt es Chips für die Laufzeitmessung, die man mieten oder kaufen kann. Pah! Durchkommen heisst die Devise, und wenn es auf dem Zahnfleisch ist 🙂

Wolfi kocht…

Vor kurzem habe ich meine Maus mal überrascht, und habe mich in die Küche gestellt. Motiviert durch ein spezielles Männerkochbuch („Männer an den Herd“) habe ich es geschafft, Kartoffelpuffer zu produzieren.

Während des Brutzelns war Maus an meiner Seite, ihr Gesichtsausdruck wechselte mehrmals von belustigt (wg meiner allgemeinen Ungeschicklichkeit) über spöttisch (naja, Fehler passieren….) bis entsetzt (als sie mich mit dem heissen Öl hantieren sah).

Einzig unangenehm war, dass ich die Kartoffeln mit der Hand gerieben habe. Maus hat mir leider verschwiegen, dass wir im Besitz eines Gerätes sind, welches diese Aufgabe mindestens ebenso gut erledigt wie meine (schmerzenden) Finger.

Besonders erfreulich: Das Ergebnis war sogar essbar, und wer mich kennt weiss: Das will was heissen…

Natürlich wurde der Moment auch fotografisch für die Nachwelt festgehalten, wer weiss, wann mir wieder mal was gelingt.

Das fertige Produkt
Puffer2

Mein Elternhaus möcht ich noch einmal sehen…

…ok, es ist nur eine Wohnung….aber die wird nun verkauft, weil sich meine Mutter selbstständig entschlossen hat, in ein Wohnheim zu ziehen. Respekt vor diesem Schritt.

Ich sehe den Verkauf natürlich völlig emotionslos, wie es eben meine Art ist. Wie ein vernünftiger Mann eben. Man darf nicht vergessen, es handelt sich im Prinzip ja nur um Wände und ein Mobiliar, Dinge eben. Und um die muss man nicht trauern.

Sicherheitshalber gehe ich nochmals in die Wohnung..nein, nicht um Abschied zu nehmen, das wäre ja sentimental. Nein, vielleicht findet sich noch etwas was ich vergessen habe.

Ich fahre im Aufzug hoch. Wie klein er ist. Als Kind schien er viel grösser zu sein, als ich mich dort manchmal vor den stärkeren Burschen aus der Nachbarschaft versteckt habe. Naja, längst vergessen.

Ich betrete die Küche. Ach ja, gemeinsame Mittagessen am Wochenende, Vokabel lernen mit meiner Mutter (also, ich musste lernen, und sie hat mich abgefragt), die Benutzung der Mikrowelle, als meine Mutter wieder berustätig wurde, das Warten auf das Christkind (fand tradtionell immer in der Küche statt), die Verkündigung „ich habe jemanden kennengelernt!“ an meine Familie bei einem Abendessen (meine Maus, auch schon wieder 13 Jahre her)…ich gestatte mir in einem Moment der Schwäche ein paar Gedanken an die Vergangenheit.

Nun gut, das Wohnzimmer. Was gibt´s da schon gross zu sehen. Sofa und Sitzmöbel sind ja mehrmals erneuert worden. Ok, den Tisch gibts schon seit ich mich erinnern kann…unzählige Familienfeiern hat er wohl erlebt. Vor 21 Jahren hab ich dort für meine Matura gelernt, weil mein Schreibtisch zu klein war. Wieviele Spielesessions mit dem guten alten Commodore 64 hab ich wohl hier verbracht? Sie wären ohnehin kaum zu zählen. Achja, witzigerweise fällt mir jetzt „Dallas“ ein, eine der enigen Fernsehserien, die damals die ganze Familie zusammen vor den Fernseher und um den Tisch gebracht hat? Und was ist das für ein kleiner Fleck am goldenen Fuss des Tisches? Der stammt tatsächlich noch von meinem 1984 verschiedenen Wellensittich „Pipsi“, der dort immer gespielt hat, weil ihm sein Spiegelbild dort offenbar immer so gut gefallen hat…Naja, mann wird sich doch erinnern dürfen. Und hier, die Ecke, in der der Christbaum immer stand…

Ich flüchte ins Schlafzimmer meiner Eltern, dort sollte es ja nun wirklich nichts für mich geben. Ok, das fach, in dem früher meine Baukästen waren, mit denen ich so gerne gespielt habe. Längst vergessen. Ach ja, und hier das Fach, in das ich meine Computerspiele mangels Platz ausgelagert habe. Soso. Oh, und hier das Fach, in das ich meine gesammelten PM und Computerhefte Hefte gestapelt habe…ok, nicht nur PMs. In jungen Jahren war auch das eine oder andere „Praline“ Heft, das ich dort versteckt habe. Unvergessen der Tag, als ich einmal während des Bundesheeres für ein Wochenende nach Hause durfte und meine Mutter meine Abwesenheit genutzt hatte, meine vermeintlich chaotische Sammlung zu ordnen. Und so lag dann alles schön gebündelt, und die Praline Hefte ganz oben. Und natürlich alles noch schön beschrifttet. WAR MIR DAS PEINLICH!!!! Aber meine Mutter hat kein Wort gesagt, was ic ihr auch bis heute hoch anrechne :-))

Nun gut, mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen gehe ich in mein altes Kinderzimmer. Die Erinnerung bricht wie eine Welle übermich herein. In der einen Ecke schlief meine Schwester, in der anderen ich – Streit war vorprogrammiert. Das wir beide noch leben, verdanken wir dem diplomatischen Geschick meiner Mutter. Da, meine Bücherwand! Ok, sie ist schon leer, und die wichtigen Bücher habe ich ja schon lange zu mir genommen. Aber es war der Quell meines Wissens damals. Mein alter Schreibtisch. Wie viele Tränen sind auf der Oberfläche schon getrocknet, verursacht durch quälende Mathe-Aufgaben und ähnliche Nettigkeitem. Für wieviele Prüfungen habe ich hier gelernt. Und damals, 1991, stand mein erster PC hier. Und dann der zweite. Und der dritte. Mein Einstieg in die Telekommunikation fand hier statt…1993 mit einem Telefonmodem und dem leider schon vergessenen Fidonet. Wie oft habe ich das Telefonkabel aus dem Kinder- in das Vorzimmer tragen müssen, damit ich es ans Telefon anschliessen konnte. Sehr zur Freude meiner Eltern, die dann nicht telefonieren konnten. Wie oft habe ich des Nächtens den PC aufgedreht, nur weil ich auf eine Antwort aus dem Fidonetz so neugierig war? Und dann, am 1.1.1995 – mein Start ins Internet fand hier statt. Genau hier. Mit einer lausigen Telefonverbindung ins IBM Global Network.

Ich sinke auf meine Couch. Oh Gott….auf dieser Couch habe ich gelernt, gelebt, geliebt, geschlafen….sie war mein Rückzugsort in den Stürmen des Lebens. Und das kauft jetzt jemand anderer? Ich bin ausser mir, Schaum bildet sich vor meinem Mund. Wie kann er es wagen?

Stille.

Ich sehe meine Mutter vor mir, wie glücklich sie war, einen Platz in dem von ihr favorisierten „Haus zum Leben“ gefunden zu haben. Dass sie immer gesagt hat, sie möchte diesen Schritt setzen, solage es ihr gut geht. Und nicht, dass sie dazu gezwungen werden muss, wenn es vielleicht einmal gesundheitlich nicht anders geht. Und dass ich verdammt dankbar sein kann, so eine Mutter zu haben (ganz zu schweigen von ihrer Diskretion hins. der Praline Hefte)

Mir wird klar, dass auch das ein Teil des Titels dieses Blogs ist…Wolfgangs Weg. Mit dem Verkauf der Wohnung geht wieder ein Abschnitt zu Ende, dafür beginnt ein neuer. Solange ich mich an die vielen schönen, aber auch an die weniger schönen Erlebnisse hier erinnern kann, ist nichts vergessen und lebt weiter.

Ich stehe auf…atme tief ein und sauge noch einmal alles im mich auf, nehme alle Gedanken mit. Ich verabschiede mich, bedanke mich, gebe die Wohnung frei. Ich wünsche dem neuen Besitzer, dass auch er viel Freude an ihr haben und viel Schönes erleben wird.

Ein letzter Blick, ein letztes Streicheln der Couch, des Türstocks….und ich bin wieder bei der Tür. Ich ziehe sie hinter mir zu. Vom Stiegenhaus aus sehe ich den Hof mit der Klopfstange, die als Kind immer unser Treffpunkt war. Ein letzte Blick zum Fenster hoch…dann bin ich schon auf der strasse.

Ich glaube, ich werde heute meine Mutter anrufen. Unser wöchentlicher Kaffee wäre eigentlich fällig.

Laufen: endlich fast 4 km durchgelaufen!

Nachdem ich mein Blog in den letzten Wochen etwas veranchlässigt habe, möchte ich ihn wieder nutzen, um ab und zu Gedanken festzuhalten.

Heute beim Laufen habe ich etwas schönes erlebt: ich hatte irgendwie von Anfang an das Gefühl „Hey, heute läuft es gut, mit ein bisschen Glück schaffst Du heute die halbe (Prater) Hauptallee ( = 4 km). Und tatsächlich, mit einer kleinen Gehpause von nur ca 30 Sekunden in der Mitte habe ich es tatsächlich geschafft, mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von ca 8,5 km/h. Ok, für viele eine Kleinigkeit, für mich ein Erfolg..

Es war herrlich..Laufen im Regen, die Beine leicht…ich weiss aber, dass es nicht immer so sein wird.

Ja, und am Ende des Laufes „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen gehört…was für ein Abschluss.